Die Geheimnisse der Gruppenentscheidungen
Wie die Psychologie uns hilft, effektive Entscheidungsfindungstechniken in Gruppen zu meistern und gemeinsam zum Erfolg zu gelangen
In unserem täglichen Leben sind wir ständig mit Situationen konfrontiert, in denen wir Entscheidungen treffen müssen. Viele dieser Entscheidungen treffen wir unbewusst und als Individuum. Im Arbeitsalltag hingegen sind Gruppenentscheidungen an der Tagesordnung. Geldgeber, Stakeholder, Mitarbeiter und viele andere möchten an der Entscheidungsfindung teilhaben. Doch welche Technik ist die Beste, um die besten Resultate zu erzielen?
Lassen Sie uns einen Blick auf die bekanntesten Techniken zur Entscheidungsfindung in Gruppen werfen (basierend auf Erich Kirchler (Hg.): Arbeits- und Organisationspsychologie, Kapitel 5. Entscheidungen, S. 599) und deren Vor- und Nachteile analysieren:
Direkte Interaktion („von Angesicht zu Angesicht“): Diese Methode kommt zum Einsatz, wenn sich Gruppenmitglieder in unmittelbarer Nähe zueinander befinden und miteinander kommunizieren, um einen kontinuierlichen Fortschritt zu fördern.
Brainstorming: Der Begriff „Brainstorming“ hat sich weit verbreitet, wird jedoch häufig fälschlicherweise für andere Techniken als die von Osborn beschriebene verwendet.
Nominal-Gruppen: Diese Methode ähnelt der Methode 6-3-5 und ermöglicht es den Teilnehmern, ihre Ideen unabhängig voneinander zu entwickeln, bevor sie gemeinsam diskutiert werden.
Delphi-Technik: Bei diesem systematischen, mehrstufigen Befragungsverfahren mit Rückkopplung geht es darum, zukünftige Ereignisse, Trends und technische Entwicklungen möglichst gut einschätzen zu können.
MAUM-Technik (Multi-attribute-utility-measurement Technik): Diese Methode ermöglicht es, verschiedene Attribute und deren Nutzen zu bewerten, um eine fundierte Entscheidung zu treffen.
Consensus Mapping: Eine komplexe Methode, die einiges an Vorbereitung erfordert und sich besonders gut für die Projektplanung eignet, insbesondere bei komplexen, multidimensionalen Aufgaben.
Trittleiter-Technik: Hier suchen die einzelnen Gruppenmitglieder unabhängig voneinander nach Lösungen, wodurch die Gruppe stets neuen Input erhält und nicht bei einer Lösung verharrt.
Nutzwertanalyse: Diese quantitative nicht-monetäre Analysemethode der Entscheidungstheorie hilft dabei, verschiedene Optionen anhand ihrer Punktwerte zu bewerten.
Tetralemma: Diese Methode, die auf einem logischen Schema aus der indischen Logik basiert, wird im Bereich von systemischem Coaching, Beratung und Therapie sowie der systemischen Strukturaufstellung angewendet.
Fazit
Die Wahl der richtigen Methode hängt davon ab, ob Sie viele Ideen generieren, einen größtmöglichen Konsens erzielen oder qualitativ hochwertige Inputs erhalten möchten. Ich fordere alle Leser dazu auf, aus dem üblichen “Workshop”-Trott auszubrechen und sich zunächst zu fragen, welche Ziele sie verfolgen, um anschließend die passende Methodik sorgfältig auszuwählen. Für diejenigen, die noch mehr über das Thema “Entscheidungsfindung in Gruppen” erfahren möchten, folgt nun ein kurzer Theorieblock:
Der Begriff „Entscheidung“: Eine Entscheidung ist die Wahl einer Handlungs- oder Reaktionsmöglichkeit in einer Situation, in der mehrere Möglichkeiten bestehen. Man kann nicht nicht entscheiden! Man trifft immer eine Wahl! Eine Entscheidung ist ein Schritt im Rahmen eines Problemlösungsprozesses. Nach der Bewertung kann aus mehreren Handlungsalternativen eine Option ausgewählt werden. Mindestens zwei Alternativen müssen vorhanden sein: Die gewählte Option soll grundsätzlich den Handlungsspielraum erweitern. Relevant sind die angestrebten Ziele und die Bewertungskriterien. Das Ergebnis ist die passendste Option, nicht eine eindeutig richtige oder objektiv korrekte Lösung.
Entscheidungsarten
Intuition :”Emotionale Intelligenz als Sitz der Emotion, Wissen über uns selbst, Selbstwahrnehmung, soziale Empfindsamkeit, Fähigkeit zur erfolgreichen Kommunikation (Covery, 2006)”. Nicht bewusst aktiviertes vorhandenes Wissen und unterbewusste Erfahrungen werden genutzt, Unwichtiges wird ausgeblendet um verbliebene Komplexität zu ordnen (Weber et al.2000). Emotionen und somatische Marker : In Entscheidungssituation erzeugt der Körper Erinnerungsbilder, die nicht ins Bewusstsein gelangen, jedoch Körperempfindungen und Gefühle hervorrufen. Dieses unbewusste Entscheidungssystem hilft Vorentscheidungen zu treffen und beruht auf Erfahrungen unseres bisherigen Lebens. Rationale Entscheidung Klare Fakten und definierter Handlungsspielraum sind im Vordergrund, auf der Basis logischer Gesetze, nach dem Prinzip der Nutzenmaximierung, mit Emotionen verbundene Aspekte werden nicht berücksichtigt. (Vgl. Schritte Problemlösungsprozess) Fazit: Intuition und Verstand sind separate Instanzen, die in Wechselwirkung zueinander stehen (Salk). Gezielte Selbstwahrnehmung ist wichtig und soll in den Entscheidungsprozess einfliessen. Führungskräfte verlassen sich auf ihre Intuition bei: hohem Grad an Ungewissheit, Mangel an Fakten, Unberechenbarkeit von Variablen, Zeitdruck, Erfolgsdruck, Fehlen von klaren Lösungswegen. Eine klare Trennung zwischen Intuition und Ratio ist nicht möglich. Es ist sinnvoll eine Entscheidungssituation in überblickbare Teilprobleme und Teilentscheidungen zu zerlegen. So werden konflikthafte Situationen strukturiert und versachlicht. Die Gesamtentscheidung ist dann eine Zusammensetzung von Teilentscheidungen. In komplexen Situationen ist es nie möglich die “richtige“ Lösung zu finden, jedoch die „passende“ auszuwählen. Rationale und intuitive Bewertungssysteme sind dabei eng miteinander verbunden.
Einzel- oder Gruppenentscheidung
Der Entscheidungsstil bewegt sich von der Einzelentscheidung bis zur Gruppenentscheidung, von autoritär bis stark partizipativ. Für Entscheidungen von guter Qualität mit hohem Identifikationsgrad der MA spricht eher der Einbezug der Gruppe. Qualität bedeutet: Ist die Problemdefinition gelungen? Sind genügend Informationen vorhanden? Ist die Wichtigkeit klar? Identifikation der MA heisst: Ist Umsetzungsbereitschaft und Kooperation vorhanden? Sind mögliche Konflikte wahrscheinlich und fassbar?
Erschwerende Faktoren beim Treffen von Entscheidungen
Entscheidungen müssen oft unter ungünstigen Bedingungen getroffen werden, was zu Entscheidungsfehlern führen kann. Gründe dafür können sein:
Zeitmangel
Mangel an Informationen
Limitierte kognitive Kapazität
Wissen: erkennen, bewerten, Erfahrung
Motivation
Emotionen / Konflikte/ erlebte Spannung während eines langen Prozesses
Zusätzliche Kosten
Fehler innerhalb der Schritte des ganzen Entscheidungsprozesses: Ziel, Informationen, Bewertung, Anzahl der Entscheidungsschritte, Anzahl der Alternativen, Fassbarkeit der Konsequenzen,…
Komplexität der Problemstellung
Einmaligkeit versus Routine der Entscheidungsträger
Fehleinschätzung der mitbeteiligten Personen: (vgl. Rosenthal-Effekt: Leistung ist abhängig von den Eigenschaften, die man der Person zuschreibt. Haloeffekt: bestimmte Eigenschaften werden mit anderen Eigenschaften gekoppelt. Bsp. Brillenträger sind intelligent)
Heuristiken: abgekürztes Entscheidungsverfahren, Vereinfachung, „Faustregel“ als Strategie
Logikfehler: durch falsche Annahme
Kontrastfehler: durch unterschiedliche Massstäbe
Mildefehler: durch wenig strenge Beurteilung
Wunsch dazu zu gehören: durch persönliche Anpassung bei der Meinungsäusserung